Biermeile - Bierfestival Karl-Marx-Allee

1996 fand das 1. Bierfestival, im Volksmund Biermeile genannt, auf der Karl-Marx-Allee statt. War das Fest am Anfang eher klein und freundlich, nahm es schnell an Fahrt auf, auch was die Besucherzahlen anging. Es mutierte zu einer Touristenattraktion mit mehr als 800.000 Besucher*innen. Im Jahr 2011 gab es sogar einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde: Mit 1820 m ist es der längste Biergarten der Welt.
Siegte am Anfang die Neugier auf und die Freude über das Fest bei den Friedrichshainer*innen, dauerte es nur wenige Jahre, bis viele der Anwohner*innen am 1. Wochenende im August eher das Weite suchten oder Ihr Zuhause nicht mehr verließen. Auch die Folgeschäden (zertretene Grünflächen und verschmutzte Hinterhöfe, mit Exkrementen versiffte Hausflure inklusive schlafender oder pöbelnder Betrunkener, ..) trugen dazu bei, daß die Biermeile weniger ein nettes Familienereignis war, sondern zunehmend für Zorn sorgte.

Beginnend am Frankfurter Tor Richtung Innenstadt waren die verschiedenen Bierstände ein Anziehungspunkt nicht nur für normale Bierfans, sondern auch für Menschen rechter Gesinnung. In Gruppen zogen sie nicht nur saufend und pöbelnd über die Biermeile, sondern auch im Umfeld marodierend und Menschen jagend durch Friedrichshain. Unterstützt wurde dies auch durch Bierstände auf der Meile von Brauereien, die in der rechten Szene beliebt oder Teil dieser sind (z. B. Odin) oder von Bierständen, die von Kneipen in denen Rechte verkehren betrieben wurden (z. B. Ambrosius). An diesen Ständen sammelte sich die rechte Szene. Der Stand vom Ambrosius war direkt am Frankfurter Tor, wo sich nicht selten über 200 Neonazis sammelten. Ihre menschenfeindlichen und den Nationalsozialismus verherrlichenden Sprüche auf Shirts, Hosen, Jacken oder ihre Tattoos und ihr überhebliches Auftreten in großen Gruppen wirkten nicht ohne Grund auf Besucher*Innen bedrohlich und einschüchternd. Besonders “Linke“ und “Ausländer“ konnten sich nicht normal im Kiez bewegen, da auf sie regelrechte Menschenjagden erfolgten.

Weder die Security auf der Biermeile, noch die Polizei im Umfeld reagierte adequat. Wärend sich die Welt in der Karl-Marx-Alle traf und betrank, mußsten andere um Ihre körperliche Unversehrtheit bangen oder Angst vor Vandalismus haben.

Mit der Gründung der IGR nahmen wir auch die Biermeile auf unsere Tagesordnung. Die Antif dokumentierte bereits seit vielen Jahren Neonazi-Aktivitäten auf der Biermeile.
Wir wollten nicht mehr zusehen, wie extrem Rechte und Rassisten unseren Kiez f&uum;r sich beanspruchen. Auch Besoffene sind ein Problem, da sie (soweit sie noch dazu in der Lage sind) Frauen anbaggern oder pöbeln. Viele werden im Suff auch agressiv. Besonders schlimm ist das, wenn es sich dabei um extrem rechte Besoffene handelt, die durch Kampfsportausbildung und Auftretn in Gruppen eine echte Bedrohung sind, wie sich an vielen Beispielen feststellen ließ.

Der Bezirk nahm die Probleme nicht ernst, da es eine Freude war, dieses Fest im Bezirk zu haben, wodurch auch ein wenig Geld in die leeren Kassen floß. Der Veranstalter nahm die Probleme nicht ernst, weil er sie vielleicht gar nicht bemerkte und Negativschlagzeilen schaden dem Geschäft.

Ähnlich wie bei unserem Kampf gegen den “Thor Steinar“-Laden ahnten wir nicht, was für eine Arbeit wir uns da an’s Bein gebunden haben und auf welche “Merkwürdigkeiten“ wir treffen sollten.

Der einst beliebte Treffpunkt der rechten Szene ist nicht mehr so beliebt

Dokumentation der Biermeile vor Gründung der IGR
Eigenen Erfahrungen der Aktiven, die im Jahr 2006 die IGR gründeten und Berichte aus dem Kiez, waren ein Grund, sich auch dem Thema Biermeile umgehend anzunehmen. Noch bevor die IGR im Jahr 2006 mit einem Infostand auf der Biermeile vertreten war, dokumentierte die Antifa Vorfälle auf der Biermeile und in deren Umfeld. Wir wollen hier Beispiele vermitteln, die unterstreichen, wie wichtig und richtig es war, sich die Biermeile einmal genauer anzuschauen.

Biermeile 2001
Am Stand “Odinstrunk“ sind Neonazis präsent. In den späten Abendstunden kommt es zu Schlägereien unter den Rechten, die von der Polizei beendet werden. Auf der Karl-Marx-Allee kommt es nach Beendigung des Festes zu Angriffen auf alternativ aussehende Jugendliche, die mit Bierflaschen beworfen werden, wobei der rechte Mob “Lasst uns den Rassenkrieg beginnen“ ruft.

Biermeile 2002
Am Stand der Neubrandenburger Imkerei “Odinstrunk“ kommt es wieder zu Schlägereien und Flaschenwürfen zwischen Linken und Rechten, anschließend auch zwischen Neonazis und der Polizei. Dabei werden drei Neonazis festgenommen. Eine halbe Stunde lang wird die Karl-Marx-Allee wegen des Polizeieinsatzes gesperrt. StandbetreiberInnen beschweren sich über das zu späte Eingreifen der Polizei. Der Geschäftsführer der Biermeile verspricht, den Odin-Stand nicht mehr einzuladen, da dieser immer Anlaufpunkt für die extrem Rechte ist.

Biermeile 2003
Am Stand Odinstrunk (der trotz der ein Jahr zuvor geäußerten Versicherung des Festbetreibers, den Stand aufgrund seiner Anziehungskraft für Rechtsextreme nicht mehr einzuladen, wieder auf dem Fest präsent ist) werden T-Shirts mit dem Konterfei eines Wikingers und dem Schriftzug “Germanenzug“ angeboten. Über die gesamten drei Tage sind durchschnittlich 100 Neonazis dort anzutreffen. Klar erkennbar und offensiv auftretend durch “old school Racist“ und “18“ T-Shirts. Die 18 dient in der Naziszene als Symbol für Adolf Hitler. Anwesend sind bekannte Neonazi-Kader wie der Berliner Oliver Schweigert, außerdem sind Mitglieder der Nazigruppe “Vandalen“, der Kameradschaft Tor und Kameradschaft Pankow vor Ort. Gegen mindestens eine Person wird Anzeige wegen Zeigen des Hitlergrußes gestellt. Spät am Samstagabend zieht noch eine Gruppe von ca. 15 Neonazis grölend durch die Rigaerstr. und durch den Friedrichshainer Südkiez, um dort vermeintliche Linke zu jagen. Der Treptower Neonazi Sebastian Dahl misshandelt auf der Biermeile einen Vietnamesen mit einer Flasche und fügt ihm eine Kopfplatzwunde zu.
Ein Bericht auf Indymedia

Biermeile 2004
Die Alternativ-Kundgebung zur Biermeile unter dem Motto “Gegen Alltagsrassismus, Saufgelage und Chauvinismus - unser Spaß sieht anders aus!“ am Frankfurter Tor ist ständigen Pöbeleien von Hooligans, Neonazis und betrunkenen Normalos ausgesetzt. Die meisten Rechten versammeln sich am Stand “Neuzeller Klosterbräu“ und am Biergarten Oranke Orange. Neonazis treten auf der Biermeile durch ihre Kleidung offen in Erscheinung z.B. durch T-Shirt Aufdrucke mit der Triskele (dreiarmiges Hakenkreuz), Screw Driver (Naziband), Thor-Steinar Ultima Thule usw. Eine Gruppe Rocker hat “Blood-Devil-Germany“ und Eiserne Kreuze auf den Shirts.

Biermeile 2005
Freitag Abend besuchen etwa 50 rechte BFC Hooligans und Neonazis die Biermeile, rauben einen Laden aus, grölen “Ausländer raus“, jagen Linke im Umfeld der Biermeile und überfallen einen Stand der Biermarke “Roter-Oktober“, wobei etliche Menschen durch geworfene Bierbänke, Tische, Steine und Flaschen verletzt werden. Die Polizei nahm neun Personen fest. Der Veranstalter, die Präsenta AG, sagte dazu: “Die Störer sind hier durchgezogen, und das war es“.
Auß,erdem war wieder eine deutliche rechte Hegemonie auf dem Fest erkennbar. Offen wurde neonazistische Symbolik auf der Kleidung gezeigt (z.B. das verbotene Logo der Marke “Thor Steinar“, Aufdrucke mit “Olympiastadt 36 -Berlin“, “White Aryan“, “Chaoz88“ oder “Race War“. Aber auch bekannte Neonazis wie Björn Wild, Rene Bethage und der Nazirocker Arnulf Priem zeigten sich.
Am Samstag Morgen wird ein Linker auf einem Fahrrad am Frankfurter Tor von Neonazis angegriffen und es wird versucht ihn vom Fahrrad zu treten, was aber mißlingt.

Biermeile 2006
Nachdem wir Kontakt zum Veranstalter aufgenommen haben, lud dieser uns zum Sicherheitsgespräch mit der Polizei ein. Wir waren mit drei Vertreter*innen dabei und mußten uns von der Polizei sagen lassen, daß nicht die Rechten ein Problem sind, sondern wir, wenn wir einen Infostand machen. Häh? Wir waren wir mit einem Infostand auf der Biermeile am 05.08.2006 vertreten.
Wir wußten, das wir uns beim rechten Publikum keine Freunde machen, wenn wir direkt mit einem Infostand gegen Rechts auf der Meile dabei sind. Oft wurden wir bepöbelt, beschimpft oder in eindeutig beleidigende und tatsachenverdrehende Gespräche verwickelt und natürlich von einigen Rechten abfotografiert. Rechte Kleingruppen zogen vorbei, tuschelten miteinander und warfen uns verächtliche Blicke zu, manche Blicke waren auch hasserfüllt und mit entsprechenden Drohgebärden unterstrichen. Einige zeigten sogar ungeniert den “Hitlergruß“in unsere Richtung.
Manche Passanten verstanden nicht, warum wir diesen Stand hier machen. Es gab aber auch jede Menge Zuspruch von Besucher*innen der Biermeile und einige unterstützten uns auch und informierten uns z. B., wenn größ,ere rechte Gruppen in unsere Richtung kamen, damit wir uns schützen konnten.
Mit dem Veranstalter hatten wir die Absprache, daß wir bei bedrohlichen Situationen die Securitiy zu Hilfe holen sollen. Ab und an mußten wir die Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei fanden wir heraus, daß sie sich, obwohl nur wenige Meter von uns entfernt ein Anlaufpunkt von ihnen war, dabei sehr viel Zeit ließen. Einige von ihnen trugen “Thor Steinar“ Kleidung und machten keinen Hehl daraus, daß sie von unserer Anwesenheit nicht begeistert sind.
Es war ein anstrengender aber aufschlußreicher Tag und es war klar: Wir kommen wieder! Klar war auch, in die Verhandlungen mit dem Veranstalter muß die Security besonders thematisiert werden.

Biermeile 2007
Am 04.08.2007 waren wir wieder mit einem Info-Stand auf der Biermeile.
Trotz einiger Bemühungen des Veranstalters kommt es wieder zu Attacken durch Neonazis und angetrunkene Hooligans auf andere Menschen. Am Freitag Abend geht ein Gruppe vermeintlicher Linke die Frankfurter Allee Richtung U-Bhf. Samariterstr. entlang, als sie plötzlich von hinten von einer gleichgroßen Gruppe (kurze Haare, ein Doberman-TShirt) angepöbelt und ins Gesicht geschlagen werden. Am Samstag Abend greifen etwa 15 Gäste des Standes der Ambrosius Bierbar vier vermeintliche “Scheiß Antifas“ an und versuchen diese abzufotografieren. An allen drei Tagen trifft sich der Großteil der rechten BesucherInnen der Biermeile direkt am Frankfurter Tor bei Ambrosius Bierbar.
Aussagekräftige Infos finden sich im Offenen Brief der IGR, wobei aber die Antworten des Innensenators auf die Anfrage besonders interessant sind:
Kleine Anfrage vom Abgeordnetenhaus an Innensenator Körting (mit Antworten) zu Rechtsextremismus auf der Biermeile in Friedrichshain
Offener Brief der IGR ans Abgeordnetenhaus und Innensenator Körting zur Kleinen Anfrage / Widerlegung der Darstellung des Innensenators

Biermeile 2008
Am 02.08.2008 waren wir wieder mit einem Info-Stand auf der Biermeile. Trotz einger Vorkehrungen des Veranstalters kam es auf dem internationalen Bierfestival zu Zwischenfällen mit rechtsextremen Publikum.
Höhepunkt war ein Angriff auf den alternativen Veranstaltungsraum XB-Liebig (Liebigstr. 34) durch zehn Hooligans am frühen Samstagabend. Hier ging eine Fensterscheibe zu Bruch. Die Angreifer wurden von der Polizei gestellt und machten Anzeige gegen unbekannt, weil sie angeblich Pfefferspray abbekommen haben. Daraufhin belagerten unzählige Polizeikräfte die Rigaerstr. bis in die Nacht.
Antifa-Bericht auf Indymedia | Augenzeugen-Bericht auf Indymedia | weiterer Augenzeugen-Bericht auf Indymedia

Biermeile 2009

Am 08.08.2009 bespielten wir bis 17 Uhr die Hauptbühne der Biermeile mit Weltmusik und Politiktheater. Eine Gesprächsrunde mit Veranstalter, Gewerbevertretern aus Friedrichshain, Register, MBR und Opferberatungsstelle wurde organisiert und auch unser Infostand war mit dabei.
Culcha Candela und Bettina Wegner übersendeten Gru&szworte. Pressemitteilung (mit Bühnenprogramm) | Auswertung Biermeile | Antifa-Bericht auf Indymedia
Empfehlungen der IGR zur Vorbereitung der Biermeile 2010:
Einbeziehung der Standbetreiber - bereits im Vorfeld auffordern, nicht an erkennbare Rechtsextreme zu verkaufen; deutlich machen, dass es wirklich ein ernsthaftes Anliegen ist (z.B. in Verträge eine Präambel, dass Rechtsextreme unerwünscht sind; Anschreiben im Vorfeld etc.) möglicher Weise Besucher vom Personal stärker einbeziehen und ermutigen, aktiv zu werden: auffordern, sich zu melden, wenn sie rechte Spr&uumL;che oder Kleidung beobachten (im Programm, auf Schildern o.ä. veröffentlichen) Verpflichtung der Standbetreiber, dass ihr Personal sich nicht rechtsextrem oder rassistisch äußern wird (es kamen z.T. Sprüche in dieser Richtung im Jahr 2009, als Aufkleber und Flyer von der Ini verteilt wurden) und natürlich keine einschlägigen Klamottenmarken tragen wird. Information und Bitte an die Standbetreiber, Informationsmaterial der Initiative gegen Rechts (wenn vorhanden) am Stand auszulegen.

27.10.2009 Anwohnergespräch zur Biermeile in Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt Friedichshain-Kreuzberg

(Einladung) | (Protokoll)

Biermeile 2010
In der Folge des Anwohnergespräches von Oktober 2009, gründete sich im Frühjahr 2010 eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der Biermeile mit dem Veranstalter im Bezirksamt. Wir haben uns aktiv an den Sitzungen beteiligt und wiederholt Forderungen gestellt.
Ergebnisprotokolle der AG-Sitzungen: 2. AG-Sitzung 14.04.10 | 3. AG-Sitzung 27.04.10 | 4. AG-Sitzung 23.06.10

Am 07.08.2010 waren wir wieder mit einem Info-Stand auf der Biermeile.
Wir haben auch einen Besucher-Infoflyer gedruckt und 6000 Stück auf der Biermeile verteilt.
118 (!) Vorfälle haben wir dokumentiert. Ein Vorfall waren zwei Tattoos mit Hitler und Himmler (siehe Foto) an den Waden einer jungen Frau. Daher werden wir für 2011 unsere Forderungen erneuern und erweitern.
Beantwortung der Anfrage zur Biermeile vom 30.09.2010 / BVV
IGR: Nachbereitung und Auswertung der Biermeile 2010

Biermeile 2011
Die AG Biermeile (IGR, Veranstalter, Bezirksamt, Anwohner, Jusos) haben einen klaren Slogan vereinbart und eine neue Festivalordnung erstellt, die es z. B. verbietet, die bei Nazis beliebte Modemarke “Thor Steinar“ zu tragen oder auffällige T-Shirts umzudrehen oder auffällige Tattoos abzukleben.
Die IGR hatte wie jedes Jahr am Samstag 06.08.11 wieder einen Infostand auf der Biermeile und wir hatten einen neuen Besucher-Infoflyer in hoher Auflage dabei. Zusätzlich waren weitere MitarbeiterInnen auf der Meile unterwegs.
Generell:
Insgesamt wurden weniger offen auftretende Neonazis wahrgenommen, was auch einem parallel stattfindenden rechten Event geschuldet ist.
Gesichtete Symbole mit eindeutig rechtem Bezug: Thor Steinar (Kontaktfreudig, Afrikacorps, Kamikaze, Sturm und Drang, Spur der Sterne) , Thorhammer, White Power, Good night left side, Erik&Sons, Odin statt Jesus, Olympiastadt 1936, Vizeweltmeister 1945, Todesstrafe für Kinderschänder, Valhalla MC Germania, Heer der Ehre, Reichsadlertatto, T-Shirt “Alpha Panzer vor“ hinten und vorn Eisernes Kreuz, “Faustrecht Germany“, Bad Boys Kategorie C, Reichskriegsflagge, Band Landser
(Landser war eine Berliner Rechtsrock-Band und bis zu ihrer Auflösung 2003 die bundesweit erfolgreichste sowie bekannteste Musikgruppe aus dem neonazistischen Milieu. Die Liedtexte richteten sich u. a. gegen Minderheiten in Deutschland und zentrale Prinzipien des Rechtes der BRD. Aufgrund der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung agierte die Band frühzeitig aus der Illegalität heraus, vermied öffentliche Auftritte und trat nur in kleinen Klubs auf. Die Tonträger wurden im Ausland produziert, wo es keine Strafvorschriften wie in der Bundesrepublik gab, und dann nach Deutschland geschmuggelt. Es bestanden Kontakte zum verbotenen rassistischen Musiknetzwerk Blood and Honour und Kadern der gewaltbereiten Neonaziszene. Ermittlungen führten im Jahr 2001 schließlich zur Festnahme der Bandmitglieder. Sie wurden 2003 vom Berliner Kammergericht als erste Musikgruppe zur kriminellen Vereinigung erklärt und zu Geld- und Haftstrafen verurteilt. “Landser“ war während des Zweiten Weltkriegs eine gängige Bezeichnung für deutsche Soldaten.)
Seit langem bekannte Neonazis wurden auch wieder auf der Biermeile gesichtet, u. a. Oliver O. (mit Vandalen-Shirt) und Michael G. (Vandalen) und das Ehepaar B. von der NPD.
Die Festivalordnung hing am Freitag an zahlreichen Ständen. Zum Abend hin, wurden sie abgenommen. Am Samstag hin keine einzige mehr.
Dazu zwei Beispiele vom 05.08.11:
17 Uhr - Streit an einem Stand wegen der ausgehängten Festivalordnung. Ein Wirt will einen Mann verweisen, der sich rassistisch und kriegsverherrlichend äußerte. Der Mann geht an einen anderen Stand, wo keine Ordnung hängt.
17:15 Uhr - Zwei Rechtsextreme mit T-Shirt “Patria-Versand“ sowie tätowierter Wolfsangel und Lebensrune sitzen an einem Stand. Die Security wird informiert, spricht die beiden an, diese trinken aus und versprechen, zu gehen. Nachdem sie dies nicht taten, wurde die Security erneut informiert. Erneute Ansprache führt zum Abkleben der Tattoos. Später wurde den beiden ein Verweis ausgesprochen.

Biermeile 2012
Am 04.08.2012 waren wir wieder mit einem Info-Stand auf der Biermeile. Natürlich hatten wir wieder einen neuen Besucher-Infoflyer in ausreichender Zahl dabei und die von uns eingeforderte neue Festivalordnung fand erstmalig Anwendung. Alle Standbetreiber haben sie durch den Veranstalter im Rahmen der Vertragsabschlüsse erhalten und sie ist auf der Website veröffentlicht. Ebenso hängt sie an vielen Stellen, vor allem an den Zugängen auch auf der Biermeile selbst aus.
Insgesamt stellten die ehrenamtlichen Helfer in der Zeit von 11.30 Uhr bis 17.25 Uhr am Infostand 25 Vorfälle fest, die vom offenen Tragen/Zeigen der rechten Einstellung über Beleidigungen bis hin zu einem Angriff auf eine Person, die zur Anzeige gebracht wurde. Von der Security und der Polizei wurde der Angriff heruntergespielt, weil sich die Person wehren konnte und dadurch nicht verletzt wurde. Der Täter wurde zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt.

Biermeile 2013: Nach 8 Jahren ziehen wir grundsätzlich eine positive Bilanz!
Am 03.08.2013 waren wir wieder mit einem Info-Stand auf der Biermeile.
Das Jahr 2013 war insofern ein besonderes Jahr, weil erstmals auf der Biermeile oder in deren Umfeld keinerlei Übergriffe durch Rechte bekannt geworden sind und endlich auch vom Brauereiverband kritische Biersorten aus dem Sortiment genommen wurden. Er hat sich für entsprechende Hinweise bei der IGR bedankt.
In der Annahme, daß inzwischen eine Struktur vorhanden ist, die einen guten Verlauf der Veranstaltung gewährleisten kann, verzichtet die IGR ab 2014 auf einen Infostand, einzelne Beobachter werden jedoch weiterhin vor Ort sein.
Der Veranstalter erwähnt besondere die gute Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt sowie mit der MBR und IGR. Diesjährige Schulungen werden auf Grundlage der neuen Erkenntnisse zum Themenbereich Rechtsextremismus stattfinden. Es wird wieder ein Mietertelefon für die AnwohnerInnen geben, die Nummern werden in den Hauseingängen ausgehangen.
Ordnungsamt: Im Jahr 2013 lagen keine Beschwerden durch Anwohner*innen vor. Bedenken konnten im Vorfeld zusammen mit dem Veranstalter in Gesprächen geklährt werden.
Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus stellte im Jahr 2013 ähnlich hohe Sichtungen wie im Vorjahr fest, jedoch in veränderter Intensität. Begründet wird dies mit dem Erfolg der Hausordnung, einem größerem gegenseitigem Verständnis für die jeweilige Arbeitsweise der Beteiligten und verbesserte Kommunikation und Kooperation im Vorfeld.
Resumee der Anwohnerschaft, vertreten durch den Mieterbeirat: Die Veranstaltung wird insbesondere von älteren AnwohnerInnen als Eingriff in den sonst üblichen Lebensrhythmus angesehen. Wegen der Vorkommnisse 2013 gab es eine Rücksprache von ansässigen Gewerbetreibenden und dem Veranstalter mit positiver Resonanz. Der Mieterbeirat signalisiert weiteren Besprechungsbedarf.
Das Bezirksamt erachtet es für lohnenswert evtl. in Kooperation mit der Friedrich- Ebert- Stiftung, die Übertragungsmöglichkeit der Strategie und Zusammenarbeit aller Beteiligten der Biermeile zu betrachten und ein Modell zur Nachahmung daraus zu erarbeiten.
Die Berliner Biermeile ist auf der Homepage der Mobilen Beratung gegen Rechts als Beratungsbeispiel für best practise aufgeführt und wird fortgeschrieben. Darüber hinaus wird die Hausordnung der Biermeile von der MBR als Standardempfehlung für andere Veranstaltungen und Feste benannt.
Da aktuell kein Bedarf an einem weiteren Treffen der AG zur Vorbereitung der Biermeile besteht, wird bei veränderter Situation im Bedarfsfall kurzfristig ein Termin anberaumt. Die Zusammenarbeit und Umsetzung der Standards der letzten Jahre (Hausordnung, Schulungen etc.) gilt als gesichert. Ziel ist es, diesen guten Maßstab zu halten.

Biermeile ab 2014
Das erste Mal seit 2006 war die IGR nicht mit einem Stand auf der Biermeile vertreten. Der Veranstalter hat mittlerweile eine hinreichend geschulte Security um offensichtliche Neonazis von der Veranstaltung zu entfernen. Laut deren Angaben gab es rund 60 Sichtungen von offen rechten Symbolik/Mode. Gegen mehrere Personen wurden Hausverbote verhängt. Auf der Meile anzutreffen waren zudem eine Hand voll organisierter Neonazis und Mitarbeiter der rechten Gerüstbaufirma “Systemfeind“. Desweiteren wurde auf einem der Männer-Dixis in Höhe Weberwiese der Spruch: “Hitler hatte Recht, die Juden müssen weg“ an eine Wand geschmiert.
Auch Miarbeiter*innen des “Verein für Demokratische Kultur - Initiative für urbane Demokratieentwicklung e.V.“ waren zur Beobachtung auf der Biermeile anwesend. Sie dokumentierten 57 Sichtungen. Ihre Zahl liegt damit deutlich öber der des Vorjahres (36). Dazu muss jedoch gesagt werden, dass in diesem Jahr ausnahmslos jede Beobachtung dokumentiert wurde, die eine Verbindung zu Rechtsextremismus aufweist, unabhängig von der Frage, ob die entsprechende Sichtung gegen die Festivalordnung verstößt:
14 rechtsextreme Tätowierungen, 5 bekannte Rechtsextreme, 4 T-Shirts rechtsextremer Bands, 28 x rechte Mode, 6 x Sonstiges
Die Polizei leitete darüber hinaus ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Männer ein, die im Bayerischen Festzelt den Hitlergruß zeigten und “Sieg Heil“ riefen.

Die Zusammenarbeit zwischen dem Veranstalter und der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus findet weiterhin statt. Die IGR macht bis auf Weiteres keinen Infostand mehr. Einzelne Mitglieder der IGR machen Spaziergänge über die Biermeile. Die Ergebnisse werden in den Folgejahren weiter dem Register zur Erfassung für die Chronik gemeldet.
Denn auch wenn von der Biermeile grundsätzlich keine Gefahr mehr ausgeht, nazifrei ist sie nicht. Daher ist es wichtig, das Erreicht zu manifestieren und nicht aus den Augen zu verlieren.

7. August 2015 / Angriff am Rande der Biermeile
Im U-Bahnhof Strausberger Platz wurden zwei 17 und 19 Jahre alte Brüder zunächst von einem Mann rassistisch beleidigt. Im Laufe einer verbalen Auseinandersetzung griff der Mann den älteren der Beiden an und warf ihm eine Bierflasche an den Kopf. Der Betroffene erlitt eine Platzwunde und musste ins Krankenhaus gebracht werden, wo er ambulant behandelt wurde. Quelle: Morgenpost

6. August 2016 - Kurzer Bericht von der Biermeile
Zum 20. Mal fand an diesem Wochenende das “Internationale Bierfestival“ zwischen dem Frankfurter Tor und dem Strausberger Platz statt. Wie in jedem Jahr, waren die IGR einen Nachmittag vor Ort um die Einhaltung der Hausordnung zu überprüfen. Insgesamt vielen wenig Leute durch das Zeigen Rechter Symbolik auf, u. a. T-Shirt der Rechtsrockband 4. Division Ostfront, Thor Steinar-Jacke mit der Aufschrift “Waidmanns Heil“, T-Shirt mit der Aufschrift “Cold War“ auf der Vorderseite und einem Eisernen Kreuz auf dem Rücken, 2 T-Shirts der Band Freiwild, T-Shirt der Band Categorie C.

Zusammenfassung von Verstößen gegen die Festordnung auf dem Bierfestival 2017
Vom 04.-06.08.17 fand in diesem Jahr das 21. Internationale Bierfestival statt. Wieder dokumentierte der VDK - Verein für demokratische Kultur auch 2017 in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter Verstöße gegen die Festordnung (http://www.bierfestival-berlin.de/festivalordnung.html?1502872028).
Zum Vorjahr konnte ein leichter Rückgang der Sichtungen verzeichnet werden. Möglicher Weise steht dies in Zusammenhang mit dem Sommerfest der NPD, welches zeitgleich statt fand und Besucher dieses Festes nicht die Biermeile besuchten. Insgesamt wurden 38 Verstöße dokumentiert.
Die Maßnahmen zeigen langfristige Erfolge. Darüber hinaus hat sich das Publikum diversifiziert, was vermutlich ebenfalls zum Rückgang rechtsextremer oder rassistischer Vorkommnisse führt. Interessant ist jedoch die Verteilung der dokumentierten Festordnungsverstöße. Lag der Schwerpunkt bisher auf Samstag, verteilten sie sich 2017 beinahe gleichmäßig auf alle drei Tage.

Zusammenfassung von Verstößen gegen die Festordnung auf dem Bierfestival 2018 vom VDK
Vom 03.-05.08.17 fand in diesem Jahr das 22. Internationale Bierfestival auf der Karl-Marx-Allee vom Frankfurter Tor bis zum Strausberger Platz statt. Es wurden mind. 30 Personen mit Bekleidungsstücken oder Tattoos gesehen, die einen Bezug zur extrem rechten / rechten Szene darstellen. Teilweise wurden Personen von der Security aufgefordert, ihre T-Shirts auf links zu drehen. Zur polizeilichen Anzeige kam es bei einer Person mit einem Hakenkreuz-Tattoo.